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Yannaras, S. 117)
        der Allerheiligsten Dreifaltigkeit.  zu sprechen“ (Evagrios, 1979,
        Obwohl die meisten von uns           S. 57). Für den heiligen Maxi-      • Almosengeben & körperli-
        nicht zum  monastischen  Leben       mos den Bekenner (um 580-           che Arbeit
        berufen sind, hat Florovsky (17)     662) ist die materielle Welt als    Durch Gebet und Fasten forme
        recht, wenn er sagt, dass „das       solche kein Hindernis für die-      ich mein Herz um und mache
        monastische  Ideal“  der  persön-    ses Gespräch. „Nicht das Essen      es empfindlicher und empfäng-
        lichen „Vereinigung mit Gott         ist böse, sondern die  Völlerei     licher für Gottes Gnade. Die as-
        durch  Gebet,  durch  Demut,         ... nicht die materiellen Dinge,    ketischen Disziplinen der Hand-
        durch  Gehorsam, durch  stän-        sondern der Geiz ... [Es] ist nur   arbeit und des Almosengebens
        diges Anerkennen der eigenen         der Missbrauch der Dinge, der       ermöglichen es mir, die Welt um
        Sünden, freiwillig oder unfreiwil-   böse ist, und dieser Missbrauch     mich herum und meine Bezie-
        lig, durch Verzicht auf die Werte    geschieht, wenn der  Verstand       hung zu anderen - insbesondere
        dieser Welt, durch Armut, durch      seine natürlichen Kräfte nicht      zu den Armen - in einer Weise
        Keuschheit, durch Liebe zu den       kultiviert“ (Maximus der Be-        zu gestalten, die Christus wider-
        Menschen und Liebe zu Gott“          kenner, 1981, S. 83). Mit der       spiegelt. So wie Gebet und Fas-
        den asketischen Charakter der        Zeit reformiert und verändert       ten Seele und Körper heiligen, so
        orthodoxen christlichen Nachfol-     das  Gebet  mein  Denken  über      heiligen Almosen und Handar-
        ge zusammenfasst. Das bedeutet,      Gott und seine Schöpfung.           beit die materielle Welt und die
        dass irgendeine Form dessen, was     Das Gebet ist die erste asketi-     Gesellschaft.
        wir  als  „monastische Praktiken“    sche Disziplin, weil es die Lei-
        bezeichnen könnten, im Mittel-       denschaften an ihrer Quelle,        Weiterlesen hier:
        punkt des gesamten christlichen      dem menschlichen Herzen,
        Lebens und damit auch unseres        heilt. Da wir aber körperliche
        persönlichen asketischen Lebens      Wesen sind, müssen wir in der
        steht.                               Regel mit äußeren körperlichen
                                             Disziplinen beginnen, um die
        Die asketischen Disziplinen          Leidenschaften zu überwin-
                                             den, die von außen nach in-
        • Gebet & Fasten                     nen drängen. Wir müssen neue
        Wir sind  leibliche  Geschöpfe,      Gewohnheiten entwickeln und
        und auch wenn der materielle         diesen neuen Gewohnheiten
        Leib durch die Sünde geschädigt      (den Tugenden) des Handelns
        ist (d.h. durch Krankheit und        erlauben, unsere Denkgewohn-
        Tod), hat er „Anteil an der Voll-    heiten zu reformieren. Das Fas-
        kommenheit des Menschen, an          ten hilft mir dabei, meine Ten-
        seiner Heiligung“. Da die Erlö-      denz zu verleugnen, die  Welt
        sung „das ganze Wesen des Men-       in einer egozentrischen  Weise
        schen betrifft“,  müssen  sowohl     zu betrachten. Durch das Fas-
        Körper als auch Seele auf das ei-    ten wird meine „leibliche Er-
        gentliche Ziel des menschlichen      fahrung“ von Sünde und Tod
        Lebens ausgerichtet werden: die      allmählich verdrängt, während
        Gemeinschaft mit Gott (Yan-          ich zur „leiblichen Erfahrung“
        naras, 1966, S. 109). Deshalb        Gottes komme.  „Wenn du
        paaren wir als erstes Gebet und      willst, dass dein Herz ein Ort
        Fasten. „Das Gebet“, sagt der        für die Geheimnisse der Welt“
        Mönch und Asket Evagrios von         der  Gnade  wird,  schreibt  der
        Pontus (345-399), "ist ein Ge-       heilige Isaak der Syrer (ca. 613-
        spräch des Geistes mit Gott". Ein    ca. 700), dann werde zuerst
        Gebetsleben setzt voraus, dass wir   reich an körperlichen Werken:
        „die Bereitschaft bilden, die der    an Fasten,  Wachen, Diensten,
        Geist braucht, ... um sich nach      Askese, Geduld, der  Vernich-
        seinem Herrn auszustrecken und       tung lästiger Gedanken und
        mit ihm ohne jeden  Vermittler       dem Rest‘  (Brief  4, zitiert in



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