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Sogar die Wettervorhersage beim der es zu widerstehen gilt! Ich wer- mich ausübt. Ich fühle mich oft so
Frühstück konnte ich vermeiden. de besser auf meine Zeit und mei- getrieben, alles schnell machen zu
Ich habe es geschafft ziemlich han- nen Medienkonsum achten! Ich müssen, weil noch so viele Dinge
dyfrei zu bleiben (zwei kleine Ter- versuch's .“ zu erledigen, sind und man weiß
minkoordinationen via App lie- ja auch nie, was dann noch dazu-
ßen sich aber nicht vermeiden) bis Und Lenna Heides Rückmel- kommt, wenn man aufs Handy
18:00 Uhr, sogar problemlos, weil dung: schaut. Aber so war ja klar, dass da
einfach an diesem Sonntag viel zu „Auf das Smartphone und den im Hintergrund gerade nichts dazu
viel los war: Orga, TV-Reparatur, Laptop bis 17 Uhr zu verzichten kommen kann. Und das war eine
zwei Freunde nacheinander treffen ist für mich im Alltag unmöglich unglaublich befreiende Erfahrung.
und selbstverständlich der Gottes- – einfach auf Grund der Arbeit. Zum Abschluss habe ich mir noch
dienst und am Abend dann diese Aber an einem freien Tag, so wie eine Ruhezeit mit Musik gegönnt
Zeilen schreiben. Werner es für seinen „Test“ vorge- und auch wenn die Musik vom
Trotzdem blieben die Medien prä- schlagen hat, das müsste doch ge- Handy kam, habe ich das nicht
sent, indirekt. Ja und ich bekam hen, habe ich gedacht. Der Kopf als Regelverstoß gewertet, weil ich
es zu spüren, die Nachwirkungen ist schnell alle möglichen Szenari- die Musik ja auch genauso gut von
sozusagen: Im GoDi spürte ich en durchgegangen und es schien einem CD-Player hätte abspielen
den "Entzug" - zuerst sanft bei der machbar und ehrlich gesagt hat es können (den ich aber nicht mehr
Lesung, dann aber stärker in der mich auch gereizt, das mal zu tes- besitze, weil ich den normalerwei-
Predigt. Zu vielen Themen, z.B. ten. Was macht das mit mir? Wird se nicht mehr brauche). Diese Zeit
zur Lage in Israel incl. extrempo- das leicht oder vielleicht schwerer der Ruhe habe ich genutzt, um ein
sitionierte Meinungen. Eine Ra- als ich vermute? Ich war gespannt. paar Fragen mit Gott zusammen
dikalität, die zurzeit in vielen v. a. Schon kurze Zeit nach dem Start zu durchdenken und mir meine
sozialen Medien vorgetragen wird: in den besagten Sonntag habe ich Erkenntnisse aufzuschreiben. Ich
Einseitigkeit, Pointiertheit, Lieblo- festgestellt: Es ist wirklich erstaun- habe schon lange nicht mehr so
sigkeit, Verletztheit, lich, wie oft der Impuls kommt, eine tiefe Ruhe empfunden. Zu-
zum Smartphone zu greifen. Ein- sammengefasst kann ich sagen: Ich
Halbwahrheiten oder sogar Falsch- fach mal was nachschauen: Etwas, habe für mich festgestellt, das er-
darstellungen, Besserwisserei, Ver- das im Gespräch mit meinem schreckend viel meines Lebens in
einfachung, Selbstbezogenheit, Mann eine Frage aufgeworfen hat; diesen Geräten steckt. Auch wenn
Schuldzuweisungen. All diese Po- einfach mal nachschauen, ob ich ich dankbar bin für die Möglich-
sitionen waren während des Hö- eine Nachricht bekommen habe keit, schnell an Informationen zu
rens der Predigt wieder da und von einer Freundin, der ich vor kommen, ist es vielleicht auch gut,
fanden immer wieder Bezug in ein paar Tagen geschrieben hatte; hin und wieder eine Frage nicht
mir, um mich abzulenken. Nicht einfach mal kurz reinschauen, wie sofort beantwortet zu bekom-
gut! das Wetter wird, usw. Am Anfang men. Vielleicht würde man dann
(Aber ich gebe zu, das wäre auch so war es schon fast lästig, diesem Im- auch wieder mehr mit anderen
gewesen, wenn ich vorher all diese puls immer wieder widerstehen zu Menschen in Kontakt kommen?
Nachrichten auf meinem Handy müssen – insbesondere, weil ich Und der zweite für mich noch viel
gelesen hätte.) dieses „Nachschauen“ normaler- wichtigere Punkt ist: Ich möchte
Ich war also nicht vorbereitet ge- weise als gar nicht so schlimm be- in Zukunft ganz bewusst immer
nug für einen GoDi. Ich hatte werte. Nun ja, ich habe mir dann wieder diesen Druck im Hinter-
nicht genug Ruhe, um die Bot- ganz bewusst ein paar Aufgaben grund ausschalten. Es macht den
schaft oder vermutlich auch ir- für diesen Tag vorgenommen, Alltag so viel freier und leichter.
gendwas anderes aufzunehmen. die ich dann ja in Ruhe machen Ich kann Werners Vermutung be-
Vermutlich hätte mir ein medien- könnte. Und auch hier warte- stätigen: der Verzicht hat, für mich
freier Tag am Tag davor, am Sams- te eine Überraschung auf mich. auf jeden Fall, zu mehr Freiheit ge-
tag, für den GoDi gutgetan. Beim entspannten Aufräumen führt.“
Grundsätzlich will ich mir mer- und Sortieren ist mir plötzlich auf-
ken: Zuviel aufgeregte "news" sind gefallen, wie ruhig ich innerlich
ungesund. Das weiß eigentlich je- bin. Mir war gar nicht bewusst,
der, aber warum tut man sich das was für einen Druck diese ständige
dann an? Das ist die Versuchung, Möglichkeit im Hintergrund auf
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